Liberal-säkulare Matrix
Schirin Amir-Moazami
„Wenn ich also von der liberal-säkularen Matrix spreche, so meine ich damit auch eine Komponente des Säkularen, die jenseits formal-rechtlicher Codes liegt. Und auch seine Wirkmächtigkeit besteht nicht in einer ein für alle Mal vorgegebenen Religionsnorm, sondern vielmehr darin, dass der Rahmen der Fragen vorgegeben ist, innerhalb dessen über die (Un-) Zulässigkeit von Religiosität öffentlich verhandelt wird […] Trotz unterschiedlicher Arrangements von Staat, Kirche und Nation bleibt damit Säkularität als staatliches Instrument der Trennung oder Kooperation von Staat und Religion ambivalent. Denn es ist angewiesen auf Grenzziehungen zwischen dem Politischen und dem Religiösen; und diese Grenzziehungen sind weder unschuldig noch statisch, sondern voraussetzungsreich, dynamisch und nie herrschaftsfrei. Insofern ist Säkularität keine neutrale Folie, sondern eine Weltanschauung unter anderen, nicht zuletzt weil auch der säkulare Staat Bürger formt und über die legitimen Grenzen des Religiösen und des Säkularen waltet“ (Amir-Moazami 2016: 126f.).
Amir-Moazami, Schirin (2016): Die >muslimische Frage< in Europa. Politische Aporien der Anerkennung unter liberalsäkularen Bedingungen. In: Hubermann, Philipp, Gronau, Martin & Marie-Luisa Frick (Hrsg.): Politische Aporien. Akteure und Praktiken des Dilemmas. Wien & Berlin: Turia+ Kant. S. 111-131.