Dinçer Güçyeter: im Jahr 1983, Deutschland
müde sitzt sie am Küchentisch
ihre Schultern hängen wie eine Seilbrücke
zwischen zwei entschwundenen Heimaten
entfernt die Fäden der grünen Bohnen
als sie meinen Atem in ihrem Nacken spürt, murmelt sie
– diese blöden Fäden sind wie Lederriemen
in der Stimme meiner Mutter wiehert immer
ein ausgesetztes Fohlen
– Mama, hast du Zeit, mir was zu zeichnen
– hole Stift und Papier
im Schmunzeln meiner Mutter bäumt sich immer
ein entlaufenes Fohlen auf
– wir zeichnen jetzt zwei Kreise, das sind die Räder
oben einen Buckel, das ist das Dach
und der alberne Pimmel von deinem Papa, das ist der Auspuff
– und jetzt machen wir brumm brumm brummm
– ja, Dinçer, schnall dich an und vergiss deine Chips-Tüte nicht
– und wohin fahren wir, Mama
– denke nicht an das Ziel, wir fahren bis der Tank leer ist, brumm brumm
brummm
Quelle